Start Business Eventagenturen 2021: Diversifikation statt Stagnation

Eventagenturen 2021: Diversifikation statt Stagnation

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Die andauernde Pandemie und ihre Folgen seit Frühjahr 2020 hat in vielen Eventagenturen nicht nur einen Digitalisierungsschub ausgelöst, sondern auch die Leistungen verändert. Unabhängig davon, ob das nun als Diversifikation oder Evolution bezeichnet wird, kennzeichnet dieser Wandel kreative Überlebensstrategien. Das finale Ziel dieser Strategien mag vielerorts noch unklar sein – faszinierend sind diese Entwicklungen auf jeden Fall. Wir haben einige herausgepickt.

Der Trend zu Online-Kommunikation, Bewegtbild, Broadcast und Content Creation – was ja oft zusammenhängt – zählt in vielen Agenturen mittlerweile zum Daily Business. Inhaltlich gibt es hier unterschiedliche Ausprägungen, die von Planung und Realisierung entsprechender Leistungen bis zur Eröffnung und dem Betrieb eigener Studios reichen. Die Folgen gehen teilweise über die Kompensation nicht stattgefundener Live-Events hinaus. Die eine oder andere Agentur konnte sich über diese Angebote sogar neue Kundengruppen erschließen und dabei ihre Assets wie Zielgruppenaktivierung durch kreative Ideen inklusive Planungs- und Umsetzungsqualität erfolgreich ins Spiel bringen.

Welcome und die Zukunft

Das gilt beispielsweise für die Agentur Welcome, die in den letzten 18 Monaten einen bemerkenswerten Wandel vollzogen hat. Welcome sitzt seit der Gründung im Jahr 1995 auf Gut Neu-Hemmerich vor den Toren Kölns in Frechen. Das inhabergeführte Unternehmen unter Leitung von Frauke Brüning-Landsberg und Dr. Bernd-Achim Stegmann bezeichnet sich selbst als Profis für Live-Kommunikation und verweist gern auf die Erfahrung „aus über 1.600 Veranstaltungen in mehr als 20 Jahren“. „Wir verbinden Profi Know-how und Spezialisten- und Erfahrungswissen, um als Content- und Ideengeber, Lösungsfinder und Macher, Moderator und Berater, Produzent und Regisseur, Logistiker und Controller für unsere Auftraggeber tätig zu werden“, meint dazu Dr. Bernd-Achim Stegmann. „Einfühlend und mitdenkend in die Aufgabe. Stark in Idee und Inhalten. Kreativ im Konzept. Akribisch in der Organisation. Steuernd bei der Durchführung.“

Sichtbarer Ausdruck dafür sind nach Aussage seiner Partnerin Frauke Brüning-Landsberg „minutiös erarbeitete Regiepläne und Storybooks“ – was bei der angeteaserten Diversifikation durchaus eine Rolle spielt. Welcome hat nämlich schon im zweiten Quartal erheblich in Produktions- und Streaming-Kapazitäten investiert und dafür auf Gut Neu-Hemmerich zwei Aufnahmestudios und eine Regie fest installiert. Technisch ist hier alles möglich, was für Broadcast-Formate und Streaming-Events in HD-Qualität erforderlich ist: Kameras, Bild- und Tonmischer, Vorschaumonitore, Teleprompter, Sprecherplätze, Aufzeichnungstechnik und vieles mehr. Einerseits gibt es ein Greenscreen-Studio, andererseits ein Pop-up-Studio mit Möblierung und flexibel gestaltbaren Kulissen für Talk- und andere moderierte Formate. Beide Locations sind direkt mit einem Regieraum verbunden. Ein Produktionsbüro in Nebenraum ergänzt die Möglichkeiten.

Dazu kommt mit der Bezeichnung Studio.On.Line jetzt noch ein mobiles Angebot. „Manche Auftraggeber nutzen gern die eigenen Räume oder besondere Umgebungen, wollen aber auf unsere Leistungen nicht verzichten“, so Frauke Brüning-Landsberg. „Ihnen können wir diesen Support künftig auch ortsunabhängig anbieten.“ Möglich wird das mit einem Ü-Wagen. Die Hauptarbeitsbereiche befinden sich im Fahrzeug, so dass kein separater Regieraum benötigt wird. Drei Remote-Kameras lassen sich überall einsetzen, Signale werden über ein Glasfasersystem zentral übergeben. Für Einspieler kann auf unternehmenseigene IT-Netzwerke verzichtet werden, und ein Satelliten-Uplink ermöglicht das Streaming in alle Welt.

„Ob bei uns in den Studios auf Gut Neu-Hemmerich oder mobil: Wir können ein umfangreiches Leistungsspektrum bieten“, ist sich Stegmann sicher. „Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: lokale, deutschlandweite oder weltweite Videobotschaften an Mitarbeiter oder Kunden, multimediale Produktpräsentationen, Schulungen und Workshops ohne Reiseaufwand, Jour-fix-Optionen für global aufgestellte Unternehmen, Talks und moderierte Gespräche mit Impulsgebern, Fachreferenten, Themenexperten oder der Öffentlichkeit im Sinne einer E-Partizipation von Bürgern, Pressekonferenzen oder Vorlesungen.“

Was bedeutet das nun für die Zukunft von Welcome? Frauke Brüning-Landsberg: „Das Corona-Virus hat das Eventbusiness mächtig durchgeschüttelt und kurz zum Erliegen gebracht. ‚Zeigen, was in uns steckt!‘, ‚sich neu erfinden‘ und in der Krise optimistisch neue Chancen entdecken waren unsere Optionen und bildeten den Kick-off für einen Wandel. Das haben wir genutzt und unser Know-how + Kreativbüro mit Studio und Streaming- beziehungsweise Webcast-Technik verbunden. So entstand für uns innerhalb von vier Wochen gemeinsam mit Partnern eine neue Eventwelt, die zukünftig deutlich digitaler sein wird, aber unsere Leistungen und Möglichkeiten integriert hat. Zurück wollen wir nicht mehr.“

Vielfalt bei Avantgarde

Avantgarde – ohnehin keine „reinrassige“ Eventagentur – geht einen anderen Weg und diversifiziert in Kommunikationssegmente. Im Herbst 2020 startete beispielsweise mit der neuen Unit „Collaborations“ ein weiteres strategisches Entwicklungsfeld. Mit diesem will Avantgarde gemeinsam mit Marken in einem Joint-Venture-Modell neue Business-Ideen in Form von physischen und digitalen Erlebnisformaten entwickeln und so neue Erlösmodelle für beide Seite erreichen.

Im Frühjahr 2021 war es dann der neu gegründete Geschäftsbereich „Performance“, der das Digitalsegment der Münchner Avantgarde-Gruppe ergänzte. Die drei Geschäftsführer Tim Schmid, Lukas Schertel und Markus Schleger kamen von Dentsu Germany und brachten neben viel Erfahrung ein gewachsenes Netzwerk in der Digitalbranche mit an Bord.

Avantgarde Green Game
Felix Neureuther, Regina Unterforsthuber, Marc Socher und Martin Schnaack von Avantgarde Green Game (v.l., Foto: Avantgarde)

Mit der Beratung und Umsetzung digitaler Performance-Kampagnen will Avantgarde weiter wachsen und das Kerngeschäft der Gruppe, Marketinglösungen für die Experience Economy, im Digitalbereich weiter ausbauen. Das Leistungsangebot von Avantgarde Performance umfasst neben Programmatic Advertising, Paid Search Advertising und Google-Shopping auch Social Media Advertising, Display- und Video-Advertising, eCommerce Marketing, Data Modelling, Analytics & Customer Insights, Conversion Rate Optimization sowie Consulting inklusive Workshops.

Im Hochsommer launchte Avantgarde dann eine Agentur für Nachhaltigkeit im Sponsoring – gemeinsam mit dem ehemaligen Skiprofi Felix Neureuther sowie dem Gründer von cemano communication Marc Socher. Green Game – so der Name – verknüpft Know-how aus den Segmenten Sponsoring und Nachhaltigkeit und adressiert sowohl Sponsoren als auch Sponsoringnehmer wie Verbände, Veranstaltungen, Vereine, Institutionen, Sportler oder Musiker.

Im Sponsoring sind authentische Partnerschaften mit gemeinsamen Werten wichtiges Element. Vor allem für den Bereich Nachhaltigkeit müssen Unternehmen sich hier glaubwürdig positionieren. Hier soll Green Game ansetzen und mit den Erfahrungen von Felix Neureuther und Marc Socher sowie einem Team aus Nachhaltigkeitsexperten unter der Leitung von Regina Unterforsthuber, langjährige Group Account Direktorin bei Avantgarde und Sustainability Managerin (MBA), innovative Beratungsleistungen erbringen. Diese unterstützen Unternehmen darin, ihre Nachhaltigkeitsziele in Sponsorings zu integrieren und dem Thema Reichweite und Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Mit Felix Neureuther konnte Avantgarde dafür einen bestens in die Sportwelt vernetzten Partner für die Agentur gewinnen. Der 37-jährige Ex-Profisportler engagiert sich schon länger in der Ökologie und hat darüber hinaus eine eigene Stiftung gegründet. Mit dieser setzt er das Projekt „Beweg Dich schlau” um, das Kinder zu mehr Bewegung motivieren soll. Neureuther: „Nachhaltigkeit liegt mir als Familienvater und Sportler besonders am Herzen. Die Idee für Green Game hat mich daher sofort überzeugt und ich freue mich auf spannende und nachhaltige Projekte.”

Avantgarde-Gründer und CEO Martin Schnaack: „Nachhaltigkeit geht uns alle an und wir sind überzeugt, auch aus dem bestehenden Avantgarde-Portfolio heraus dem Markt mit Green Game ein zusätzliches gewinnbringendes Angebot machen zu können. Dass wir dazu Marc und Felix mit an Bord haben, verleiht der Sache zusätzliche Dynamik.”

Neue Ausrichtung bei Concept X

Die Agentur Concept X wählte einen anderen Weg und mutierte zur Unternehmensberatung für Markenkommunikation. Konkret bedeutete der Schritt die Erweiterung des Portfolios von Concept X und ging einher mit einer weiteren personellen Verstärkung der Führungsmannschaft. Die „Unternehmensberater:innen für Markenkommunikation“, die schon in Rheine, Koblenz und Köln vertreten waren, eröffneten in diesem Zusammenhang auch noch einen Standort in Hamburg. Seit 1. August ist dort Melanie Lammers gemeinsam mit Ulf Gassner geschäftsführende Gesellschafterin. Die Führungscrew der Gruppe besteht damit aus Ulf Gassner, Desirée Biegel, Vanessa Salomon, Melanie Lammers und Hartmut Müller-Gerbes.

Concept X verpasst sich neue Ausrichtung
Concept X Management (Foto: Concept X)

Mit den neuen Gesellschaftern in Hamburg und Köln will sich die Concept X Gruppe vor allem in den Bereichen Digitale Transformation, Organisation und New Work, Krisenkommunikation sowie die Entwicklung und Umsetzung von Newsrooms als künftige Arbeitsweise für Marketing- und Kommunikationsbereiche von Unternehmen etablieren. Für Concept X Kunden soll die Neuaufstellung einerseits mehr Beratungs-Know-how bringen, um in jeder unternehmerischen Situation, die die Marke betrifft, einen Partner zu haben. Andererseits will Concept X auch weiterhin mit Live-Kommunikation, Kampagnen und Design mit hohem Wiedererkennungswert wahrgenommen werden – ohne die Ausschließbarkeit in der Fokussierung.

Und jetzt?

Drei Beispiele, drei Möglichkeiten, drei Erfolgsgeschichten: Unsere Zusammenstellung belegt den Wandel bei den Eventagenturen – und zeigt doch nur einen kleinen Ausschnitt. Eins ist aber sicher: Stagnation sieht anders aus.