Start Business Nachhaltigkeit im MICE-Business wird zum Gebot der Stunde

Nachhaltigkeit im MICE-Business wird zum Gebot der Stunde

1116

Nachhaltigkeit (nicht nur) für Marketing-Veranstaltungen ist das Gebot der Stunde. Viele Initiativen und Projekte wurden in diesem Bereich gerade in den letzten Monaten auf den Weg gebracht. Es hat aber auch viele Jahre gedauert, bis diese Botschaft in der Veranstaltungswirtschaft ankam. Jürgen May, mit seinem Unternehmen 2bdifferent einer der wegweisenden Pioniere in diesem Segment, kann sich noch erinnern, wie er beim Start belächelt wurde: „Vor zehn Jahren, 2012 bei der Gründung von 2bdifferent, gab es noch viel Augenzwinkern und teils mitleidiges Lächeln zu dem Vorhaben. Und ein Verbandpräsident nannte mich sogar ‚Ökoterrorist‘. Jetzt ist nachhaltiges Denken und Vorgehen in der Veranstaltungswirtschaft angekommen und zum Wettbewerbs- und Ausschlusskriterium vieler Ausschreibungen geworden. Nachhaltige Unternehmensführung wurde von der Kür zur Pflicht.“

Umlagertes Sustain-Forum

Das große Interesse am Thema ließ sich nicht zuletzt beim Sustain-Forum auf der BOE Messe 2023 beobachten. Das Podium war durchgehend umlagert – konnte aber auch mit einem anspruchsvollen Programm aufwarten. Auf dem von Dr. Mike Seidensticker moderierten Forum auf der Let‘s Talk Stage standen spannende und aktuelle Talks und Diskussionen im Fokus. Die Teilnehmer erlebten am Beispiel von Best Practice Cases, was alles in Sachen Nachhaltigkeit möglich ist und wo sie selbst mit ihren Veränderungen ansetzen können. Zu den Referenten zählten unter anderem Rebecca Freitag (SDG-Expertin, Global Impact Alliance), Clemens Arnold (Geschäftsführer 2bdifferent), Dr. Christoph Soukup (Steinbeiss Beratungszentrum Circular Economy und Partner bei 2bdifferent), Johannes Hölzel (Finizio), Sarah Lüngen (The Changency) und Kyra Reiter (Sustainable Berlin), Anna Wohlert-Boortz (Stadt Wolfenbüttel), Thomas Pollak (in.Stuttgart) und Florian Himmelstein (GUTCert). Konzept und Durchführung des Sustain-Forum lagen in der Verantwortung von 2bdifferent.

Das Thema „Kreislaufwirtschaft – Messen und Events ohne Müll“ rückte zum Auftakt der Veranstaltung in den Mittelpunkt, eine Einführung gab Dr. Christoph Soukup. Der gebürtige Österreicher, gelernte Wirtschaftswissenschaftler und leidenschaftliche Experte für Change-Management ist neuer Partner bei 2bdifferent. Vor dem Hintergrund, dass die Schnelllebigkeit, der Kostendruck und der hohe Einsatz von technischen und biologischen Ressourcen in der Veranstaltungsbranche immer noch auf der Tagesordnung sind, wurden hier die Notwendigkeiten, Herausforderungen und Chancen beleuchtet. Unter dem Motto „From Waste to Ressource“ talkten Fabian Höffner (Trash Galore) und Paolo-Daniele Murgia (Partner bei 2bdifferent) im Kontext „Kreislaufwirtschaft – Messen und Events ohne Müll“.

Daniele Murgia führte auch in das Thema „Nachhaltiges Veranstaltungsmanagement nach ISO 20121“ ein. Die ISO 20121 ist eine Norm speziell für nachhaltiges Veranstaltungsmanagement. Für jeden Event können Veranstaltende, Agenturen und Eventdienstleistende die ISO 20121 anwenden und sich damit zu mehr Nachhaltigkeit bekennen. Integriert in diesen Beitrag war ein Panel, an dem Claudia Loewe (Deutscher Filmpreis), Yulia Felker (GUTCert), Carolin Oala (GUTCert) und Volker Doberstein (Enjoy Jazz Festival) teilnahmen.

Zu weiteren Themen des Sustain-Forums gehörten „Nachhaltiges Destinationsmanagement“, „Digitale Events meets Nachhaltigkeit“ und die „Eventspezifische CO2-Bilanzierung“ sowie die „Nachhaltige Entwicklung und politische Zielsetzungen“ mit einem Impuls von Rebecca Freitag zum Thema „Innovation mit Sinn – so wird Nachhaltigkeit zum Geschäftsmodell“. Rebecca Freitag ist ehemalige UN-Jugenddelegierte für nachhaltige Entwicklung und Expertin für die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) und engagiert sich für die Rechte der jungen und noch ungeborenen Generationen. Sie arbeitet unter anderem als Zukunftsgestalterin mit Bildungseinrichtungen, Organisationen, politischen Gremien und Unternehmen zusammen.

Mit dem Konvoi Konzept und der beschlossenen Kooperation mit den Verbänden fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft und IFES International Federation of Exhibition and Event Services setzte sich Clemens Arnold, Geschäftsführer von 2bdifferent, in seinem Beitrag auseinander. Hinter dem Begriff „Konvoi“ verbirgt sich die Methodik, Verbandsmitglieder zu Projektgruppen zusammenzuschließen, um die Einführung in einen betrieblichen Nachhaltigkeitsprozess in gemeinsamen Workshops zu erarbeiten. Im abschließenden Panel wurde das Konzept von Uta Goretzky (IFES), Jörg Zeißig (fwd:), Daniela Wintzer (Wintzer Connexion) und Juliane Jähnke (agendum) diskutiert.

b&b bei Konvoi-Lösung dabei

Beim Start des ersten Konvois am 8. Dezember 2022 waren bereits elf Unternehmen aus unterschiedlichen Bereichen der Veranstaltungswirtschaft dabei – darunter b&b eventtechnik. „Durch die Bündelung aller Kompetenzen in gemeinsamen Workshops soll ein betrieblicher Nachhaltigkeitsprozess entstehen“, so Jasmin Leonhardt, Mitglied im Nachhaltigkeitsteam von b&b eventtechnik. Sie ist der Meinung, dass „die ISO 20121-Zertifizierung ein weiterer Meilenstein bei den Nachhaltigkeitsbestrebungen des Unternehmens ist“ und macht deutlich, dass b&b als First Mover mit gutem Beispiel vorangehen will, um positive Veränderungen in der gesamten Branche voranzutreiben.

Jasmin Leonhardt (Foto: b&b)

Mit der ISO 20121 lässt sich ein Managementsystem für die Veranstaltungswirtschaft praxisgerecht und zuverlässig in den Unternehmensalltag integrieren. Betrachtet werden hierbei die Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales. Ebenfalls beinhaltet der Prozess neben einem Unternehmenscheck, die Entwicklung eines Nachhaltigkeitsleitbildes, die Betrachtung einer nachhaltigen Lieferkette sowie die Erarbeitung einer Gesundheits- und Arbeitssicherheitspolitik. Das Zertifikat nach ISO 20121 dient darüber hinaus als geeigneter Nachweis für eine nachhaltige Ausrichtung des Geschäftsbetriebs bei öffentlichen und privatwirtschaftlichen Ausschreibungen.

Ergänzt wird der Konvoi durch ein individuelles Beratungspaket parallel zu den Teamworkshops. Neben der Implementierung von Nachhaltigkeitsprozessen in den Unternehmen steht das Ziel der Zertifizierung nach ISO 20121 – und dies bereits im Sommer 2023.

CO2-Tracker von der Planwerkstatt

Es gibt darüber hinaus unzählige weitere Initiativen zu größerer Nachhaltigkeit im Veranstaltungs-Business. Zum Beispiel hat erst kürzlich die Planwerkstatt eine mobilfähige Webapp zur exakten Berechnung der CO2-Emissionen von Events entwickelt: vom Projektstart bis zur Endabrechnung und entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das Tool ist TÜV-zertifiziert und liefert tiefe und feinkörnige Einblicke, die eine effektive Verringerung des CO2-Fußabdrucks ermöglichen kann (mehr dazu im Talk mit Roland Walter von der PlanWerkstatt und Hans-Jörg Halbartschlager auf dem YouTube Channel Studio Blach).

MessePro wurde klimaneutrales Unternehmen

Direkt in der Praxis haben Jörg Becker und Thomas Heinrich, die Geschäftsführer des Messebauunternehmens MessePro, das Thema Nachhaltigkeit mit ihrem inzwischen über 70-köpfigen Team angesiedelt. „Als Unternehmen, das im Handwerk verwurzelt ist und hohe handwerkliche Qualität mit dem schnelllebigen und termingetriebenen Messegeschäft verbinden möchte, war das Thema Nachhaltigkeit schon immer essenziell für uns – lange, bevor es auch gesellschaftlich in aller Munde war“, meint Jörg Becker. Umso mehr freue er sich, dass man seit September 2022 von Climate Partner als „klimaneutrales Unternehmen“ zertifiziert wurde und einen Beitrag zu einer ökologischen und nachhaltigen Zukunft leiste, in der ganzheitlicher Klimaschutz alltäglich sein sollte.

Anzeige: Nachhaltige Reinigungsdienstleistung für Veranstaltungsstätten und Events

Bei MessePro wird dieses Ziel verwirklicht, indem Emissionen dank eigener PV-Anlagen und der Verwertung von Holzresten aus der eigenen Produktion eingespart werden, der Fuhrpark um Fahrzeuge mit neuester E-Technologie ergänzt wurde, Klimaschutzprojekte als Kompensationsleistungen unterstützt werden und – wo möglich – Recycling-Materialien zum Einsatz kommen. „Wie benötigen beispielsweise keinerlei fossile Brennstoffe, um den gesamten Standort – immerhin drei Hallen – zu beheizen“, so der engagierte Diplom-Ingenieur. „Aber das reicht uns noch nicht. Neben der Maßgabe, unsere Emissionen immer weiter zu reduzieren, ist unser großes Ziel für 2023, völlig klimaneutrale Messestände anzubieten“, bekräftigt Becker.

Unter dem Schlagwort „sustain & save“ möchte MessePro Green Consultant und Wegbereiter für die Bereitstellung einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Markenarchitektur auf allen Ebenen – live, hybrid und virtuell – sein, auch im Sinne der Kunden in der MICE-Branche. Dies betreffe alle Bereiche, von der Entwicklung über die Beschaffung und Produktion bis zur Nachnutzung oder Verwertung, sodass eine verantwortungsbewusste und ökologisch werthaltige Nutzung der Markeninszenierungen erreicht werde – sei es in Form eines Messestandes, eines Showrooms oder einer reinen Beratung.

Die Nachfrage ist groß, und so hat sich MessePro Verstärkung an Bord geholt: Zum Jahresbeginn wurde das Remsfelder Unternehmen expoworks, bis dahin ein langjähriger, erfahrener und kreativer Projekt-Partner mit einer Spezialisierung im Bereich HealthCare und Kongresse, Teil der MessePro-Familie und sorgt für noch mehr Kompetenz und Innovation für analoge, virtuelle und hybride Messekonzepte, Erlebniswelten und Exponat-Präsentationen.

Zugleich sieht man auch das Thema Nachhaltigkeit synonym für Zukunftsfähigkeit: „Wir legen stets großen Wert auf möglichst nachhaltige sowie umweltfreundliche Prozesse und orientieren uns bei jedem Projekt an diesen Wertvorstellungen“, bestätigt expoworks-Chef Olaf Knieriem, Diplom-Innenarchitekt und Tischlermeister und wie Becker und Heinrich seit über 25 Jahren im Messebau sowie im Agenturleben aktiv.

Symbolträchtig markiert wird dieser neue Abschnitt in der Unternehmensgeschichte durch eine zeitgemäße Weiterentwicklung auch des Firmenlogos. „Die Wahrnehmung von Marken wandelt sich. Erwartet werden Authentizität, Werthaltigkeit, Anpassungsfähigkeit und Nachhaltigkeit – unter Geschäftspartnern und von Kundenseite ebenso wie vonseiten unserer Mitarbeiter, ja bis hin zum Endverbraucher. Das lässt sich in einem Firmenlogo schwer widerspiegeln, doch für uns steht die neue, klare Struktur gewissermaßen für einen Relaunch, mit dem MessePro in die Zukunft geht“, erklären Jörg Becker und Thomas Heinrich.